Montag, 12. November 2012

lange Knabenstrümpfe - EINS





EINS - Historie der langen Knabenstrümpfe
     Erstes Post





Bild 2
Kinderleibchen, mit Strumpfhaltern,
im Web gefunden


Hallo, mW25eytrlPzOo1WRGnI2qamOa9iGgD, eben sehe ich, daß Du als regelmäßiger Leser eingetragen bist. Das ist eine Herausforderung an mich, endlich diesen Blog richtig hinzuschreiben und Bilder einzubringen. Vorbereitet habe ich schon einiges. Das kennst Du bereits: Nun geht es langsam weiter, Seite für Seite, Bild für Bild. Ich freue mich, wenn Dich diese sensibel-emotionale Geschichte berührt, die feinsten Gefühle vieler Knaben, die nicht mehr recht Kinder sind und weit entfernt vom Erwachsen-Sein. Schreib mir etwas in die Commentare. - If you want me to answer in english please let me know.

Wenn Ihr ein Bild genauer sehen wollt, klickt es an. Jedes Bild hat oben rechts ein x zum Klicken, um wieder zurück zu kommen. Nicht alle Bilder sind von mir, falls jemand möchte, daß ich eines aus Copyright-Gründen entferne, schreibt mir unten in die Commentare. 




 .

Lange Knaben-Strümpfe – ihre Schönheit, die Geschichte

Long Boys´ Stockings -
their Beauty, the History


.


von Aryaman Stefan


Über die historische Entwicklung des Tragens von langen Strümpfen bei Knaben (und anderen Menschen), ein längerer Aufsatz mit Bildern. –  Ihre Schönheit? Ja, könnte es sein, wenn wir nur wollten. Da liegt noch viel Creatives drin.  –   Was ich alles gefunden habe.



Bild 3
Im Web gefunden, den Kleinen macht es Spaß ... 
so wurden die kleineren Knaben in den Jahren 
1930 bis 1950 oft und gerne gesehen. 
Ich kann mich erinnern, daß ich wie der Junge rechts 
gerne mal mein Hosenbein etwas hochzog
und den Strumpfrand zeigte, auch den Strumpf-
Halter. Kindliche - leicht erotische - Selbstdarstellung, 
etwa so wie Caspar und Melchior im catalonischen 
Altarbild (Bilder 6).


 
Bild 4
Wie es war: Tobias zieht sich seine Strümpfe an – 
die weißen Wäscheknöpfe, um 1950, der rosa
Strumpf-Halter aus Lochgummi, 
die eher kindliche Form.

Einleitung

mein Beginn, eine kurze Erzählung:
Auf meinem Schulweg, um 1948, November, es ist kalt und frostig, und es schneit etwas. Dennoch trage ich kurze Hosen, aber zum Schutz der Schultern eine dicke Jacke dazu, und eine Schirmmütze und einen dicken Wollschal. Meine Knie sind bloß. Das war nicht selten in jenen Jahren, und ich bin gerade eben 13 und kenne es kaum mehr anders – abgesehen von der Kürze der Hosen, sie waren zu kurz für diese Winterkälte, hätten schon bis an die Knie reichen dürfen.

Unangenehm ist es aber für die nackten Knie, und ich sehne mich nach etwas, das die anderen Kinder haben, ähnlich wie bei den beiden Jungen auf dem Bild 3, das ich im Internet gesehen habe. Die meisten tragen nämlich lange Strümpfe über die Beine und haben es wärmer als ich. Mein Freund Karl-Wilhelm auch, und seine Kleidung sieht durchaus gemütlich aus. Er stammt aus wohlhabender Familie, und so kommt es, daß er etwas vornehmere Sachen trägt. Bunt-karierte Strümpfe zum Beispiel, und ich erwähne das hier, weil ich über lange Strümpfe an Kinderbeinen schreiben will, die Geschichte durch die Jahrhunderte, in Europa – denn über andere Länder kann ich sowieso kaum schreiben – mit Ausnahme 
 des mittelalterlichen Indien ( http://wickelstruempfe.blogspot.com/ ).

Ihr fragt mich, wieso ich heute trotz der Kälte nur Kniestrümpfe an den Beinen habe, und das kam so: Meine Mutti bot mir neue Schihosen an, lange Hosen, die über dem Fuß zusammengebunden sind – sie hat sie im Sonderangebot gefunden, wie sie sagte, und sie seien doch ganz gemütlich. Doch ich wäre der einzige in der Klasse gewesen, und das wollte ich nicht. Ich wollte es lieber so wie die meisten, jedenfalls die Jungen, die ich gerne mochte, in kurzen Hosen, ähnlich wie auf den Bildern 3 bis 4, 8 bis 9 und weiter unten einige. Natürlich mit langen Strümpfen wie die anderen auch.

Ich habe die Schihose einfach nicht angezogen, und Strümpfe hatte ich nicht mehr, aus denen vom letzten Winter war ich rausgewachsen, sie waren zu kurz, und dann ist es unangenehm, wenn es so kalt ist, und oben ein Stückchen Bein ist nackt. Dann lieber ganz nackte Beine. Nach der Schule hatte ich mich mit meiner Mutter verabredet in einem Kleiderladen, um zu sehen, ob ... Doch da waren die Regale leer. Nachkriegszeiten!

Da meinte sie zu mir, ob ich denn noch immer die Strümpfe an ein Leibchen (Bilder 1, 21 und 22)  hängen wollte. Das wäre doch eher für kleine Kinder, hier sieht sie gerade ein paar Strumpf-Halter-Gürtel und einen Hüft-Gürtel, das wäre doch sportlicher, mit zwei Strumpf-Haltern je Strumpf. Sie trägt auch Strumpf-Halter-Gürtel, ach das weiß ich doch. In einem Tauschgeschäft bekamen wir dann schließlich Strümpfe, die eher zu lang waren, eher für kleine Frauen, jedenfalls genoß ich sie am nächsten Tag, nachdem ich sie etwas umgekrempelt und an die neuen Strumpf-Halter angeknüpft hatte.

Bild 5
Baumwollstrümpfe für größere Kinder mit klassischem 
Strumpf-Halter – am Hüfthalter

Dennoch, so überlange Strümpfe und der Gürtel waren neu für mich – und wie ich später merkte, ein ganz besonderes, neues Gefühl am Körper, sie waren eigentlich zu weit und ich musste sie manchmal hochziehen –  trotz Strumpfhalter, war alles zu locker. Doch warm! Nur die Mädchen hatten so lange Strümpfe, meistens länger als die Beine, bis an die Hüften. Ja, unter das Kleid wehte eben zu leicht kalte Luft (Bild 29).

Ihr wundert euch vielleicht über diesen Bericht – was sind schon lange Strümpfe? Doch erstmal: ich schreibe nicht von Strumpfhosen, die man damals kaum kannte, sie wurden nur von Ballettänzern getragen – und das wollte ich doch nicht sein, lächerlich für einen Jungen (wir wussten noch nichts von Billy Elliot, seht den Film). Sie wären auch teuer gewesen. Also, was bedeuteten diese langen Strümpfe damals denn überhaupt? Ich schreibe hier darüber, weil lange Strümpfe für viele Menschen etwas voller Gefühle waren, sehr angenehme, aber für andere Kinder auch unangenehme. Und das klingt noch nach, selbst bei Menschen, die sie nie gesehen oder getragen haben.

Die Emotionen aus der Sicht der Knaben und Männer waren sehr verschieden. Für viele waren lange Strümpfe das Symbol von Frauen und Mädchen (im 20. Jahrhundert), manchmal von Schönheit und Schmuck, manchmal von Anständigkeit, manchmal von Rotlicht-Mileu, manchmal von Tradition ... meistens waren sie –  jedenfalls bei Kindern –  praktisch und die Beine schützend. Manchmal schätzten Kinder und Frauen es, daß sie bei Wärme hinuntergerollt werden konnten.





Hier die Historie
Über die Historie der langen Strümpfe – besonders bei Knaben – bekommt ihr hier einen kurzen Bericht mit ein paar Bildern. So weit zurück wie ich es finden konnte. Doch das war gewiß nicht der Anfang.

Ich suchte im Internet, bei älteren Leuten und in Büchern und habe ja noch selbst eigene Erlebnisse. Denn als Kind (geboren 1932) habe ich – etwa so wie anfangs in der Einleitung – immer mal lange Strümpfe getragen, und ich gehörte zu denen, die sie gerne hatten und sich immer wieder nach ihnen sehnten – und diese Vorliebe ist mir bis heute geblieben, ein Fetisch im schönen Sinn.

Lange Strümpfe, die über das ganze Bein reichen, oder wenigstens hoch bis ein Handbreit über das Knie, wurden im 20. Jahrhundert nicht nur von Frauen sondern auch von Kindern, also auch Jungen getragen. Im Mittelalter eher von Männern, wahrscheinlich mehr als von Frauen, ich denke an die Zeiten vor 700 Jahren und früher. Da gibt es ein frühes, schönes Bild von 1200 aus Nordspanien, wo die drei Heiligen Könige dargestellt sind.

Es ist ein Ausschnitt aus einem Altarbild in der Kirche im Städtchen Espinelves in Nordspanien, gemalt um 1200. Die ganze Tafel (Bild 6C) hängt heute in Vic bei Barcelona, Museo Episcopal. Immerhin waren die Dargestellten als Könige gemalt, sie trugen also sehr anspruchsvolle Kleidung (was heutige Staatschefs ja garnicht tun). Caspar, Balthasar, Melchior - die Heiligen Drei Könige. Könige waren doch etwas Besonderes, modisch korrekt damals, schon gerade Heilige Könige, nehme ich an. Und vielleicht avantgardistisch, Ton angebend (Bilder 6A bis C)..

Bild 6A
Dieses Foto fand ich in der Zürcher Monats-Zeitschrift Du/Atlantis 
(September 1964 in der Serie Catalonia Romanica, 
Fotos von Franco Cianetti, Seite 17-18). 
Ein gleichgroßes Foto in Farbe findet sich hier: 

 Bild 6B
für die Copie danke ich Barbara Graf-Degenhart.
Diese Copie ist nicht so detailliert wie das schwarz-weiße Bild. 
Ich sehe, wie die drei Heiligen Könige sich darstellen – 
sich zur Schau stellen möchte man heute sagen,
"exhibitionistisch".
Sie zeigen ihre Strumpf-Halter, das sind ja sozusagen 
Hinweispfeile, die weiter an den Körper unter der 
Kleidung weisen. Ich denke, das wurde 
als erotisch empfunden, doch anders als wir 
heute männliche Erotik verstehen.

Bild 6C
Hier die ganze Altartafel, etwas zu dunkel. Seht auch feiner im Detail hier:
http://www.flickr.com/photos/ifdezlillo/2080625082/in/photostream .
Die Altartafel steht heute im Museo Municipal in Barcelona

Neben dieser Tafel steht dieses Schild:

Bild 6D

Wahrscheinlich ging es dabei nicht um eine Erotik wie im zwanzigsten Jahrhundert bei den Frauen, sondern sie waren sehr allgemein gebräuchlich, vielleicht zuerst nur in „besseren Kreisen“. Oder ein öffentlicher Hinweis auf das, was möglich war, ein Hinweis auf die Möglichkeiten des Geschmacks damals. Einer öffentliche Darstellung seiner selbst. Ich erinnere mich an meine Kindheit in langen Strümpfen, ich hatte auch die Lust, mich darzustellen – wie der der Junge im Bild 3.

Und sie hatten etwas mit Mode zu tun, die hier und da hinging (und noch immer geht). Man findet anderswo noch mehr Bilder aus jenen Jahren, in denen lange Strümpfe unter einem kurzen Kleid oder Rock getragen wurden, von Männern. Was die Frauen anhatten war nie zu sehen, da sie ganz lange Kleider trugen. Im Internet gibt es eine Reihe von sehr großen Sammlungen mittelalterlicher Bilder - aus Europa! Sucht mal weiter.

Aus dem Mittelalter gibt es mehr Bilder als nur Gemälde wie das aus Espinelves. Sehr ausführlich im „Hausbuch, Bilder aus dem deutschen Mittelalter“ (auch im Internet vollständig abgebildet) und in anderen Quellen, wo sie eher unter Röcken zu sehen waren – und als Alltagskleidung galten:

Bild 7A
Ausschnitt aus einem größeren Bild: der Pferdeschlachter 
trägt ein Höschen (so kurz wie die heutigen Mädchen,
bei denen auch der Po-Schlitz oben raussieht). und
lange Strümpfe, die etwas vernachlässigt herunterhängen 
(aus dem Hausbuch)

Bild 7B
Und ähnlich der Bauer, er hat Schwert, Peitsche und 
Kappe abgelegt – ist wohl zu warm, und zieht 
sich sein Kleid/Hemd aus. Wir sehen die langen 
Strümpfe, vielleicht aus Leder, die den oberen Teil der Schenkel freilassen: 
Sie sagten „barschink“(aus dem „Hausbuch“ ..., 
wo noch mehrere Bilder zu sehen sind.)

Mit den Übergängen vom Mittelalter zur Neuzeit (um das 15. Jahrhundert) änderte sich das: Beginnend bei den vornehmen Ständen kamen dann langsam Strumpfhosen auf, doch Strümpfe noch lange bei den einfachen Leuten. Und genau betrachtet blieb das so bis etwa 1960. Selbst heute freue ich mich über hübsche Strumpfhosen, deren Beinlinge ich abschneide und als Strümpfe trage.

Für mich waren die Knaben in langen Strümpfen seit meiner frühen Kindheit ein besonderes Lebens-Thema, für das ich schon seit frühester Zeit (mit etwa 4 Jahren) Material und eigene Beobachtungen – und Gefühle – gesammelt habe, gewiß ein wenig erotisch, jedenfalls sowas wie auto-erotisch. Obwohl die meisten Kinder lange Strümpfe trugen, sie also eine ganz allgemeine Kleidungsart waren, war ich lange Zeit sehr scheu zu dieser Sache, weswegen ich in jungen Jahren zu wenige Berichte erbeten und noch weniger Fotos gemacht habe – obwohl es damals viele gute Gelegenheiten gegeben hätte. Nur ahnte ich noch nicht, daß diese von mir geliebte Kleidungsart so schnell aus dem Gebrauch kommen würde. Keine 20 Jahre später war es vorbei.

Doch wenigstens ein Foto aus jenen Jahren habe ich hier beigefügt.

Bild 8
Ein Foto etwa 1956 aus Dehmke bei Hameln. 
Ich selbst hätte das  zehn Jahre früher auch sein können.
An die Strümpfe war ein Knopf genäht für das Lochgummi, 
das irgendwo an der Unterwäsche
angeknöpft oder -genäht war - der „Strumpf-Halter“.


Was ich aber weder im eigenen Archiv und selten in guter Qualität anderswo fand, habe ich nach Fotos und eigener Erinnerung gezeichnet, etwa so:

Bild 9
In den 1930er Jahren und danach. Verschämt zeigt 
der linke Junge seine Strumpf-Halter – 
er ist eben kein König wie auf Bild 6A, der sich nicht 
schämen muß. Mehr Zeichnungen finden sich hier

 
Direkt vorher aber trugen Knaben lange Strümpfe zu kurzen Hosen nur über einen Zeitraum von höchstens 75 Jahren, nämlich weitgefasst von 1885 bis spätestens 1960, fast überall in Europa und Nordamerika. Davor gab es sie in der Neuzeit wohl selten – ich kenne sie nur noch aus Bildern aus dem 17. Jahrhundert in Flandern, Männer und Jungen trugen sie zu sehr weiten kurzen Hosen: Der Maler Gerard Ter Borch in den Niederlanden hat sie uns gezeigt: Neuzeit ab etwa 1500 bis heute (Wikipedia).

Bild 10
Gerard ter Borch malte 1665 den Flohfänger (hängt in der Münchener 
Alten Pinakothek). Wenn ihr näher hinseht, findet ihr, 
daß der Junge blaue Strümpfe bis über die Knie anhat, 
die er mit zwei Ledergürteln festhält. An jedem ist eine
Metallschnalle, wie wir sie heute auch noch haben. 
Ter Borch malte noch weitere Bilder, auf denen Männer
lange Strümpfe zu sehr weiten recht kurzen Hosen tragen, 
doch dieses ist so weit ich weiß sein einziges Bild 
eines Jungen in dieser Kleidungsform.
Ein Strümpfe-Museum sollte auch Ter Borch´s Bilder ansehen.

Für die Zeit ab 1850 habe ich nach fotografischen Nachrichten im Internet gesucht, und ich wurde fündig meistens in Klassenfotos, weniger Bilder aus Familienalben oder anderen Quellen habe ich gefunden. Suchwörter bei „Google/Bilder“ sind hauptsächlich „Klassenfoto“ und ähnliche (auch in anderen Sprachen), auch Versandhaus-Kataloge aus den USA. Ich habe nicht in Ländern von Osteuropa suchen können, da mir die Stichwörter in den entsprechenden Sprachen fehlen. Die meisten Fotos sind recht unscharf – obwohl es seit etwa 1900 gute Kameras gab (seht zum Beispiel die Bilder von LEWIS WICKES HINE  im Internet) und entsprechend auch gute Fotos. Doch jene Kameras waren wohl sehr teuer.

Auf Mittel- und Nordeuropa bezogen fand ich: etwa 1880 und davor trugen Knaben sichtbar fast nie lange Strümpfe, nur lange Hosen, auch mal Strumpfhosen. Danach erst kamen wieder lange Strümpfe auf und die Hosen wurden kürzer, oder die Hosen wurden kürzer und die Strümpfe länger. Das war vielleicht eine  besondere Mode, möglicherweise in den Ländern Nordamerikas begonnen. Es wurde im Laufe der Jahre eine schöne Mode, aber zuerst war die Knabenkleidung im Allgemeinen langweilig und dunkelgrau bis schwarz. Ich habe aber den Eindruck, daß zuerst die langen Strümpfe aufkamen und danach erst die Hosen kürzer wurden. Um 1885 trugen in einer Klasse nur einzelne Jungen lange Strümpfe, galten diese Jungen bei den anderen als avantgardistisch? Ich weiß es nicht.

Bunte Strümpfe waren sehr selten, ich fand ein Foto aus dem 19. Jahrhundert:

Bild 11
Knaben um 1900, bunte Kleidchen, bunte Strümpfe,
seht auch Bild 20.

Nun ein paar Klassenfotos aus Mitteleuropa, die meisten aus Deutschland: Während die Kinder auf Bild 11 für die Fotositzung besonders hergerichtet wirden, seht ihr sie im Folgenden eher in Alltagskleidung:


Bild 12
Schulklasse 1895 - diese Schüler sind noch "altmodisch" 
gekleidet, in ganz langen Hosen

Bild 13
1881, alle Jungen tragen lange Hosen, an lange 
Strümpfe hat man wohl noch nicht gedacht. 
 
 Bild 14
Schulklasse um 1900. So altmodisch das heute aussieht,
ich denke, für die Zeit waren sie hoch-modern und
avantgardistisch gekleidet. Aus anderen Fotos schließe
 ich, daß die Strümpfe mit einem Strumpf-Band 
über dem Knie gehalten wurden.
(Bilder 30 bis 31). Die Jungen sind sehr 
einheitlich gekleidet - wie das heute auch ist.


Bild 15
Schulklasse 1925, so wurde es meistens in dem 
Jahrzehnt, die gesamte Klasse in langen
Strümpfen, das wurde erst weniger um 1935. 
Labels

Bild 16
Betzingen 1930, Jahrgänge 1919 und 1920.
Wie oft in den 1920er und 1930er Jahren tragen alle 
Kinder einer Klasse lange Strümpfe. Das Bild habe ich gefunden unter
http://betzingen.blogspot.com/2009_09_01_archive.html 
Ich bitte die Betzinger, daß ich dieses sehr historische Bild 
hier stehen lassen darf.

Bild 17
in Krohnengen 1935, Bergen, Norwegen.
Die Einheitlichkeit in Bilder 14 bis 16 weicht langsam wieder. 
In jener Zeit haben die skandinavischen Jungen gelegentlich 
in kurzen Hosen und langen Strümpfen Schi gelaufen – 
wie die Mädchen damals in Kleidern und Strümpfen.


Bild 18
Klasse in Lindesnes, Norwegen

Bild 19
Gymnasiasten 1926, in Deutschland


Vielleicht ging diese Knabenmode parallel mit einer fast gleichen Mädchenmode, das scheint mir aus den Bildern so, war also einfach Kindermode. Oder das, was die Mütter trugen.

Ab 1890 wurden es mehr lange Strümpfe in Klassenfotos. Etwa 1905 bis 1930 hatten auf fast allen Klassenfotos alle Jungs (und Mädchen sowieso) bis zum Alter von 15 Jahren lange Strümpfe an, jedenfalls wenn es kühler war. Und ich habe den Eindruck, daß es „sich gehörte“, als bessere Kleidung galt, lange Strümpfe zu tragen – in manchen Familien bis weit in die 1930er Jahren hinein. In der Schule und beim  Kirchgang tragen Kinder ja im allgemeinen bessere Kleidung, also denke ich, daß zuhause und in der Freizeit eher kurze Strümpfe getragen wurden, wenn es warm genug war. Das aber nicht vor etwa 1925. Zur Heiligen Communion wurden meistens lange Strümpfe getragen, oft weiße, vielleicht für Knaben das einzige Mal in ihrem Leben.

Männer trugen damals zu kurzen Hosen lange Strümpfe sehr selten, und Jungen hörten ab einem gewissen Alter damit auf – wohl noch unter langen Hosen, aber nicht mehr sichtbar. Unter langen Hosen im Wintersport. Zuerst war der Wechsel mit etwa 16 bis 18 Jahren, doch im Laufe der Jahrzehnte war dieser Übergang immer früher, zuletzt (um 1950) bei 6 bis 8 Jahren.

Die Strümpfe waren bis ans Ende der 1920er Jahre allermeistens schwarz, nur sehr selten kamen farbige oder farbig geringelte vor oder ganz selten längs gestreifte. Und die müssen etwas Besonderes gewesen sein. In den 1930er Jahren wechslten die Farben ins Braune und Beige. Braun „wie Chokolade“.

Bild 20
Junge in bunt geringelten Strümpfen,
ich schätze so um 1890, vielleicht waren
das Stil-Experimente um das Neue, 
Besondere der Langen Strümpfe herauszustellen
und interessant zu machen, seht auch Bild 11


Die Befestigungen
Da Beine nach oben dicker werden, würden lange Strümpfe runterrutschen, wenn sie nicht gehalten werden - entweder durch Strumpf-Halter oder Strumpf-Bänder oder durch einen Heftrand auf der Innenseite („Halterlose“). Bisher habe ich nicht eindeutig ausmachen können, wie die Knaben anfangs – also um 1900 – ihre Strümpfe befestigt haben. Wahrscheinlich so wie damals die Mädchen, also am langen Leibchen oder anderer Unterkleidung mithilfe von Strumpf-Haltern (oder lediglich Sicherheitsnadeln) – wie später auch.Wie das Leibchen auf Bildern 2, 21, 22, 23. Oder noch häufiger mit Strumpf-Bändern wie in den Bildern 30 bis 34.

Im Bild 2 (ganz oben) findet ihr ein Kinderleibchen guter Qualität mit zwei mal zwei Strumpf-Haltern. Der Zug der Strümpfe wird von den über die Schultern eingenähten Bänder aufgefangen. Die Strümpfe werden an die Drahtklammern angeklemmt, seht Bild 5.

Bild 21
Kinderleibchen aufgeklappt
Deutsches Historisches Museum

Dann wurde es wohl eher so - wie auf den Bildern -, daß die meisten Kinder bis etwa 10 Jahre Kinderleibchen trugen, an die ein oder zwei Paar Strumpf-Halter befestigt waren (seht hier beim Mädchen:  http://www.flickr.com/photos/58039671@N00/5345399358/in/set-72157625895759793 , allerdings ein Spielfilm, "der Regenmacher" oder so ähnlich, den ich noch nicht gefunden habe). Diese waren meistens Lochgummis, die am Strumpf an ein oder zwei Knöpfe geknöpft wurden (wie auf Bild 4) oder sie hatten die Draht-Klammern, wie sie auch von älteren Kindern und Frauen benutzt wurden (Bilder 5, 8 und so weiter). Diese Drahtklammern an den Strumpf-Haltern entwickelten sich zu einem erotischen Symbol des Femininen und Mädchenhaften, deswegen hatten einige Knaben damit Probleme – oder hätten sie sich gerade welche gewünscht, wenn sie eine innere Zuneigung zum Weiblichen oder Mädchenhaften hatten (wie ich als Kind).


  Bilder 22 A und B
sehr kurzes Kinderleibchen mit Strumpfhaltern

  
 Bilder 23 A und B
Drei Jungen mit üblichen Leibchen für Strumpfhalter.
Der rechte hat seine Strümpfe etwas runtergerollt - 
Wärme im  Klassenzimmer. Die Hosen sind etwas zu kurz,
doch wegen der Deutlichkeit ....
 

In amerikanischen Versandhauskatalogen fanden sich damals Bilder von Strumpf-Halter-Vorrichtungen. Es werden etwas komplizierte Riemen-Konstruktionen (Bild 24) angeboten, die aber wohl in Europa nicht oder kaum benutzt wurden. Also bei uns Leibchen. Doch wenn die Kinder über 10 oder 12 Jahre alt waren, haben sie wohl eher Strumpf-Halter-Gürtel benutzt, wie auf Bild 26.

Aus Europa habe ich keine fotografischen Bilder von Strumpf-Halter-Gürteln bei Knaben gesehen, doch ab und zu berichtet jemand davon, und das wäre auch nur verständlich, denn Mütter würden ihre Kinder an den eigenen Erfahrungen beteiligen, wenn sie etwa ihre Größe erreicht haben, geben ihre eigenen Erfahrungen an ihre Kinder weiter. Besonders wenn ich Klassenfotos aus der Schweiz sehe (ein Ausschnitt auf Bild 25) und merke, daß zeitweise etliche Knaben so um vierzehn lange Strümpfe trugen, kann ich mir nicht vorstellen, daß die Mütter ihre Söhne zu Kinderleibchen gezwungen haben, sondern ihnen Strumpf-Halter-Gürtel gaben, wie sie sie selbst trugen. Doch da haben ich keine Bilder gefunden, nur einzelne schriftliche Bemerkungen, und so zeige ich aus jener Zeit ein Bild von einem einfachen Gürtel im Bild 26. Ich vermute, daß sie häufig von älteren Buben benutzt wurden, wenn sie lange Strümpfe trugen wie in den Bildern 19 und 25. (ab Bild 25 sind die Bilder im Post ZWEI)

Bild 24
USA-Konstruktion „garter waist“- glücklicherweise 
musste ich das nicht tragen, unsere Leibchen 
 waren bequemer. Seht die Bilder 2, 21, 22A und 23A





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Nun kommt der nächste Post ZWÉI




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